La Coruña/A Coruña
So ergeht es uns, als wir nach einem kurzen und angenehm ereignislosen Segeltag nach etwa 50 sm La Coruña ansteuern. Wir haben uns für die Marina Real Club Náutico entschieden, die erheblich geschützer als die Marina Coruña und direkt vor dem Stadtzentrum liegt – ein gute Wahl!
Der Wind kommt von Norden, wie er es soll um diese Jahreszeit und in dieser Gegend. Leider ist die mäßige Brise von 10 bis 15 kn ruppigen Böen von 20 bis 25 kn gewichen. Bereits in der Hafeneinfahrt werden wir von einem nervösen Hafenmeister in einem großen, schwarzen Schlauchboot in Empfang genommen – angesichts seiner Miene fühlen wir uns auch nicht besser… Er fährt voraus zu einer gut geschützten freien Box, jetzt müssen wir nur noch unbeschadet hinein kommen. Auf den Booten ringsum entsteht Unruhe und alarmierte Segler kontrollieren, ob sie auch genug Fender draußen haben. Wir machen einen Anlegeversuch, aber eine unpassend auftretende Bö schiebt uns mit aller Macht auf das Heck unseres zukünftigen Nachbars. Zum Glück lassen sich unsere Fender dazwischen halten. Im jetzt aufziehenden Chaos machen wir einen Versuch, die Leinen überzuwerfen und festzumachen, der völlig misslingt: Am Ende steht Winne ohne Leine auf dem Steg und der Hafenmeister wirft geistesgegenwärtig die Leine, die er immerhin erwischt hatte, zu Johanna an Bord zurück. Es weht weiter wie verrückt, wir werden schräg zurück in die Gasse gedrückt und vorne und hinten ist es verflixt eng. Es ist fast ein Wunder, dass wir aus der Gasse flüchten können, ohne Schaden anzurichten. Alfred dreht zwei Runden im Hafenbecken, um Johanna Zeit zu geben, die Leinen neu vorzubereiten. Und dann wagen wir den zweiten Anlauf. Jetzt blicken uns von allen Booten Zuschauer entgegen, denen die Angst vor uns und das Mitgefühl mit uns gleichermaßen ins Gesicht geschrieben steht. Ein Schweizer am anderen Ende des Steges ruft aufgeregt: »Wohiii, wohiii?«, weil er unsere Box sucht, um zu helfen. Der Wind treibt uns zwar diagonal auf die Box zu, obwohl Alfred gegensteuert, aber wir schaffen es! Die Umstehenden applaudieren Alfred, als er in der Box aufstoppt und wir die Leinen übergeworfen haben. Endlich ist das Boot fest! Wir trinken einen Campari Orange als Anleger und warten, bis die Knie nicht mehr zittern.
Die nächsten Tage bleiben wir in La Coruña, nicht weil der Wind nicht passen würde, sondern weil die Stadt so schön ist. Der historische Stadtkern besteht aus vielen Jugendstil- und Art déco-Bauten und es gibt große pompöse und kleine gemütliche Plätze. Die Architektur fasziniert besonders Winne, der ankündigt mit Sonnenaufgang aufstehen zu wollen, um die schönsten Bilder zu machen. Als wir ankommen beginnt ein großes Fest zu Ehren der Heldin und Patronin der Stadt, María Pita, die den erfolgreichen Widerstand von La Coruña gegen die britischen Freibeuter um Francis Drake im Jahr 1589 entscheidend mit dem Ruf: »¡Quen teña honra, que me siga!« – »Wer Ehre hat, folge mir!« – voranbrachte und nebenbei den dicksten Piraten aus dem Weg räumte. Es gibt ein großes Programm mit Märkten, Kindertheater und Livemusik direkt am Hafen und die ganze Stadt ist auf den Beinen.
Alfred und Johanna wandern zu einem Yachtausrüster. Der Laden ist unglaublich vollgestopft, es quillt aus allen Regalen. Hinter dem Tresen führen lange, schmale und ebenfalls volle Gänge ins Halbdunkel. Englisch spricht von der Inhaberfamilie niemand, aber wir machen pantomimisch klar, dass wir eine Inspektionsluke brauchen und kurz darauf steht ein zerrupfter Karton mit Dutzenden Luken verschiedendsten Durchmessers vor uns. Wir finden das Passende und führen zuletzt einen denkwürdigen Dialog mit dem Inhaber, der seine Sorge um den Gesundheitszustand unserer Bundeskanzlerin zum Ausdruck bringt: »Merkel no saludad, no saludad!« Dem schließt sich ein Exkurs, ebenfalls auf Spanisch, an, dem wir entnehmen, dass es auch in Spanien sehr schwierig sei mit den muslimischen Einwanderern – scheinbar sieht er da einen Zusammenhang. Was sollen wir dazu auf spanisch sagen?!
Zurück im Hafen machen wir eine Probebohrung durch die Rückwand im Bad und hoffen, auf der anderen Seite auf den Dieselhahn zu stoßen. Ihn können wir nämlich nicht mehr bedienen, seitdem der Wassermacher eingebaut ist. Das soll nicht so bleiben, man weiß ja nie… Tatsächlich, es funktioniert und Alfred baut zufrieden die neue Inspektionsluke ein.
Die Stadt hat uns gewonnen mit ihrer urbanen, sommerlichen Fröhlichkeit und es fällt uns nicht leicht aufzubrechen als es Zeit wird, weiter zu ziehen nach Süden.
La Coruña, wir kommen wieder!